NeoRetro: The Secret of Monkey Island
Am 06. Juni 2010 im Topic 'NeoRetro'
Titel: The Secret of Monkey Island
Konsole: PC, u.a.
Entwickler: LucasArts
Publisher: LucasArts
Erscheinungsjahr: 1990
Genre: Point-and-Click-Adventure
Nachdem ich im ersten NeoRetro-Beitrag mit Earthbound ein eher unbekanntes Spiel vorgestellt habe, habe ich mir dieses Mal einen echten Kultklassiker ausgesucht, nämlich The Secret of Monkey Island von LucasArts, die zum Erscheinungspunkt des Spieles noch Lucasfilm Games hießen.
Mit dem Satz "Mein Name ist Guybrush Threepwood und ich möchte Pirat werden" beginnt ein großartiges Point-and-Click-Adventure. Milchbubi Guybrush Threepwood, der anfangs kaum zum Pirat taugt, muss anhand von drei Prüfungen beweisen, dass in ihm ein wahrer Freibeuter steckt. Diebstahl, Schwertkampf und Schatzsuche müssen gemeistert werden, damit die "schrecklich wichtigen Piraten" Guybrush als einen der ihren anerkennen. Das klingt ja eigentlich noch recht einfach... wenn da nicht noch Geisterpirat LeChuck mit seinem Schifft voller Untoter wäre, vor denen selbst die gewieftesten Seeräuber erzittern. Und natürlich gibt es mit der taffen Gouvernörin Elaine Marley auch noch eine Frau in Guybrushs Abenteur.
Die sehr bunte Grafik passt gut zur Gesamtstimmung des Spieles. Die Hintergründe sind auch heute noch schick anzusehen, ohne, dass sie jetzt fotorealistisch wären. Wobei gerade in den Dialogen die Gesichter der Figuren überraschenderweise sehr wirklichkeitsgetreu wirken. Stellenweise ist die Darstellung zwar etwas etwas pixelig, aber nach gut 20 Jahren darf sie das auch sein - ich finde jedenfalls, dass die Grafik gut gealtert ist.
Gesteuert wird das Spiel mit der Maus, mit der man sich aus der SCUMM-Bar am unteren Bildschirmrand die nötigen Befehle zurechtklickt: "Öffne Tür", "Nimm Banane", "Rede mit schrecklich wichtige Piraten". Das funktioniert sehr gut und man hat sich sehr schnell daran gewöhnt. SCUMM-Bar ist damit also nicht nur der augenzwinkernde Name der Kneipe auf Mêlée Island ist, sondern auch das des durch die LucasArts-Adventures berühmt gewordenen Eingabeschemas. Ich persönlich mag diese Steuerung sehr. Und nach einem LucasArts-Marathon (Day of the Tentacle", Maniac Mansion, Sam and Max Hit the Road und eben Monkey Island), in dem ich innerhalb weniger Tage einige der vielen tollen Adventures nachgeholt habe, ertappte ich mich regelmäßig dabei, sogar in SCUMM-Bar-Befehlen zu denken: "Benutze Tab mit Spülmaschine", "Benutze Markierzettel mit Buch", usw... Ein bisschen merkwürdig war das ja schon, allerdings zeigt es auch, dass die Befehle der SCUMM-Bar gar nicht mal so abstrakt sind, wie es zunächst den Anschein hat.
Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel ist angemessen, wie in jedem Point-and-Click-Adventure muss man manche Dinge einfach mal ausprobieren, "trial and error" ist an der Tagesordnung. Mit den NPCs, "non player characters", also den ganzen nicht-spielbaren Figuren, zu reden, bringt einem darüber hinaus den einen oder anderen wichtigen Tipp, man sollte also ruhig mal all die zwielichtigen Gestalten anquatschen, die die Spielewelt bevölkern. Da die Spielfigur nicht sterben kann, setzt das Spiel einen beim Lösen der Rätsel erfreulicher Weise auch nicht unnötig unter Druck (wie z.B. die King's-Quest-Reihe, in der man gefühlt alle 30 Sekunden das Zeitliche segnet) und schafft somit auch keine Frustrationstendenz beim Spieler. Man kann also in Ruhe ausprobieren, was man denn jetzt mit den Wachslippen anfangen kann oder wozu die roten Blumen gut sind - und wozu nicht. Allerdings habe ich noch nicht getestet, ob Guybrush tatsächlich für 10 Minuten die Luft anhalten kann...
Der besondere Reiz des Spieles liegt in seinem Witz - und damit meine ich jetzt nicht allein Komik, sondern eine geistreiche Ideenvielfalt, wie man sie sich in Spielen öfter wünschen würde. Die Macher Ron Gilbert, Tim Schafer und Dave Grossman feuern ein wahres Feuerwerk an Ideen ab - dafür 1 € ins Phrasenschwein, aber treffender kann man es nunmal kaum beschreiben. Schwertkämpfe werden zu schlagfertigen Wortgefechten ("Du kämpfst wie eine Kuh" - grandios!), vegetarische Kannibalen machen sich sorgen um ihren Cholesterinspiegel, Malzbier wird zur ultimativen Waffe gegen Geister. So absurd das vielleicht klingt, so viel Sinn ergibt es innerhalb der Realität des Spieles. Außerdem enthält The Secret of Monkey Island die beste Kampfszene überhaupt - und das obwohl man von der eigentlichen Kampfhandlung gar nichts sieht.
Die Musik ist großartig und unterstützt das Piraten-der-Karibik-Gefühl auf's Beste. Und wenn ich schon so dezent auf den Film anspiele noch eine Kleine Info am Rande: es gibt das Gerücht, die Filme seien an einigen Stellen von den Monkey-Island-Spielen beeinflusst, als Nicht-Kenner der Filme (ich weiß, Bildungslücke) kann ich das jedoch nicht beurteilen. Auf jeden Fall macht es richtig Spaß, sich diese gelungene Musik anzuhören, auch ruhig mal ohne das Spiel. Zusammen entfalten Spiel und Musik aber natürlich die beste Wirkung. Schon das großartige Opening-Theme im Vorspann macht einem richtig Lust auf das virtuelle Seeräubertum.
Gerade weil mir das Spiel so gut gefallen hat, fand ich persönlich es dann leider doch ein wenig kurz, zum Glück gibt es von The Secret of Monkey Island einige Fortsetzungen. Gerade aus heutiger Sicht ist man an Spiellänge da anderes gewöhnt, vmtl. würde die gesamte Spielehandlung bei einem heute erscheinenden Spiel nur eine einzige Episode eines wesentlich längeren Spieles darstellen.
Fazit:
Wer Point-and-Click-Adventures mag und bei einem Spiel auch gerne mal über guten Humor lacht, der ist hier genau richtig. Dank des von Fans der LucasArts- Adventures entwickelten und frei erhältlichen Programmes SCUMMVM läuft The Secret of Monkey Island auch heute noch perfekt auf jedem XP-, Vista-, oder 7-PC und laut Wikipedia auch auf Apples Heimcomputern (als Nicht-Macler kann ich dazu nix sagen). Darüber hinaus gibt es seit 2009 auch eine überarbeitete Special Edition des Spieles, die u.a. für PC oder XBox360 heruntergeladen werden kann - zum fairen Preis von 8,99 €. Wer das leider etwas kurze Spiel gerne mal ausprobieren würde, was ich jedem nur empfehlen kann, der hat inzwischen also gleich mehrere Möglichkeiten, dies auch zu tun.
EDIT:
Dass Monkey Island auch bei Twitter zum Totlachen witzig wäre, zeigt diese wirklich gelungene Grafik. Nerd-Humor ist und bleibt einfach großartig!