TiRos Blog
Dienstag, 24. August 2010
PoliTick: Das ist Twitter, liebe SZ.
Am 24. August 2010 im Topic 'PoliTick'


Die Saarbrücker Zeitung hat mit ihrem heutigen Artikel über "Twitter" den Vogel, um genauer zu sein, den Twitter-Vogel abgeschossen. Statt ernst zu nehmendem Journalismus, gründlicher Recherche und kritischer Analyse besteht der entsprechende Artikel nur aus polemischer Meinungs- und Stimmungsmache. Der Tenor: Twitter umfasst nur Belangloses und/oder verbale Knüppeleien verfeindeter Politiker. Das ist nicht nur verkürzt, das ist schlichtweg dumm und vor allen Dingen: gelogen. Von einer seriösen Regionalzeitung erwarte ich mehr als aus dem Zusammenhang gerissene Zitat im Verbund mit offensichtlichen Lügen, aber ob "seriös" ein Adjektiv ist, dass jemals zur Saarbrücker Zeitung gepasst hat, sei dahingestellt.

Das, was ich als zwitschernder Kommunalpolitiker tagtäglich bei Twitter erlebe, ist eine ganz andere Welt. Natürlich gibt es bei Twitter viel Belangloses. Gerade vor ein paar Tagen erst konnte alle Welt davon erfahren, dass ich im SNES-Spiel "Final Fantasy VI" kurz vor dem finalen Kampf gegen den dortigen Endgegner "Kefka" stand. Manch einen mag das genervt haben, manch einer wird es ignoriert haben, von anderen kamen sogar unterstützende Antworten, die mir viel Glück bei diesem finalen "Kampf" gewünscht haben. Das ist Twitter.

Aber ich berichte bei Twitter auch viel über meine politischen Aktivitäten. Da wird die Ortsratssitzung zusammengefasst und bewertet oder per SMS live von der Juso-Landeskonferenz berichtet oder zu kommenden Veranstaltungen eingeladen. Und auch der eine oder andere Kommentar über die eigenen GenossInnen wird auf 140 Zeichen gebracht. Ich bin zwar in der SPD, muss aber noch lange nicht jede Meinung jedes Parteimitgliedes teilen. Und manche Hinterbänkler würden als Parlamentsneulinge wirklich mal besser die Klappe halten, statt sich selbst zu inszenieren. Auch das ist Twitter.

Ich habe bei Twitter auch schon interessante Diskussionen mit Mitgliedern anderer Parteien geführt. Ob SPD (Ulrich Commercon, Jörg Aumann, Christian Petry), CDU (Armin König, Roman Baltes, Alwin Theobald), FDP (Patrick Saar), Grüne (Elisa Schütze) oder Linke (Nils Exner) - das Spektrum der saarländischen Polit-Twitterer ist ebenso bunt wie das der Parteienlandschaft an sich. Vom Quierschieder Gemeinderatsmitglied über den Illinger Bürgermeister und dessen Beigeordneten zum Saarbrücker Landtagsabgeordneten finden sich bei Twitter sehr viele Inhaber politischer und öffentlicher Mandate. Und gerade bei kommunalpolitischen Themen zeigt sich auch hin und wieder, dass die Differenzen zwischen Parteien und Politikern gar nicht so groß sind, wenn tatsächlich das Wohl des Ortes und seiner Einwohner im Fokus stehen. Man verliert auch eventuelle Berührungsängste gegenüber Menschen, die politisch anders "ticken" als man selbst, wenn man solche Gemeinsamkeiten entdeckt. Zumindest geht das mir so, wenn ich mal wieder mit einem CDU- und einem Linken-Mitglied gleichzeitig einer Meinung bin. Und natürlich gibt es auch politische Differenzen und manchmal wird auch mit etwas härteren Bandagen gekämpft, sonst wären wir ja alle in einer Partei. Und auch das ist Twitter.

Es ist schade, dass die Saarbrücker Zeitung diese positiven Aspekte von Twitter ausblendet, verschweigt und somit das echte Bild bewusst verfälscht. Die Saarbrücker Zeitung bringt sich selbst auch um die Möglichkeit, Twitter aktiv als Informations- und Kommunikationsmedium zu nutzen. Da sind die Kollegen von newsecho.de schon den entscheidenden Schritt weiter und zeigen, wie ein vernetzter Nachrichtendienst der Zukunft aussehen kann. Das ist Twitter.

Twitter ist eine interessante Mischungs aus Informationsquelle, Kommunikationsplattform, Diskussionsforum, Debattierclub, Selbsthilfegruppe, Comedybühne und vielen weiteren Dingen. Das alles ist Twitter. Jedoch ist Twitter eindeutig nicht, was die SZ daraus zu machen versucht.

Zwei gute und unbedingt lesenswerte Kommentare zum SZ-Artikel haben der twitternde Illinger Bürgermeister Armin König und die twitternde Eppelborner Unternehmerin Andrea Juchem verfasst. Auch dort wird gezeigt, was Twitter ist - und was eben nicht.

EDIT: Inzwischen haben auch der 1. Beigeordnete der Gemeinde Illingen, Christian Petry, und Blogger Jürgen Botschner ihre Kommentare zum SZ-Artikel abgeben. Beide sehr lesenswert.

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