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Avengers: Age of Ultron - Spoiler-Review
Am 26. April 2015 im Topic 'GlotzGedanken'
Avengers 2 beginnt „in medias res“. Das Superheldenteam hat sich, angeführt von Captain America und dank technischer sowie finanzieller Unterstützung von Tony Stark, dem Kampf gegen HYDRA und Waffenhändler gewidmet. Ziel ist dieses Mal eine HYDRA-Basis, in der Baron von Strucker und Dr. List an „Begabten“, Individuen mit Superkräften, herumexperimentieren. Pietro und Wanda Maximoff haben sich beide freiwillig gemeldet. Als 10-Jährige wurden ihre Eltern von Granaten getötet, die Zwillinge selbst haben zwei Tage lang unter einem Bett heraus auf eine Bombe mit dem Stark-Logo gestarrt und Todesängste erlitten. Auf Iron Man und seine Freunde sind sie darum nicht gut zu sprechen, weshalb sie das Team angreifen.
Ich war ein wenig überrascht, dass Strucker (gespielt von einem Deutschen, der in Hollywood inzwischen zum Inventar gehört: Thomas Kretschmann) und List so schnell abserviert wurden. Die aktuelle Staffel von Agents of SHIELD hat beide als kompetente Widersacher aufgebaut, aber gegen die vereine Schlagkraft der Avengers haben sie dann eben doch keine Chance.
Strucker hat auch eines der riesigen Chitauri-Monster sowie Lokis Zepter aus dem ersten Teil in seinen Besitz bringen können. Letzteres wird sichergestellt, der Kristall darin bietet für Tony sowie Bruce Banner die Basis einer künstlichen Intelligenz, die noch viel weiter entwickelt als JARVIS ist. Es zeigt sich, dass Tony den posttraumatischen Stress, der ihn nach seinem Atombombenritt durch das Wurmloch plagte, immer noch nicht ganz überwunden hat. Er will mit dem Ultron-Programm einen Schutzwall für die gesamte Erde errichten.
Fast alle Versuche gehen daneben, der finale Durchbruch gelingt dann ausgerechnet als die beiden Wissenschaftler nicht hinschauen. Ultron ist geboren und natürlich wendet sich das Frankensteinsche Monster sogleich gegen seine Schöpfer und startet eine virtuelle Attacke auf JARVIS, danach greift er dann die Avengers an, während das Team die Ruhe nach einer Party genießt, bei der auch Sam Wilson (Falcon) kurz über die Leinwand schreiten durfte und Comic-Legende Stan Lee seinen obligatorischen Cameo-Auftritt hatte. Gemeinsam mit Maria Hill und James Rhodes (War Machine) wehrt sich die Heldentruppe mehr schlecht als recht gegen den neuen Feind, der zwischenzeitlich die Roboter aus Tonys „Iron Legion“ übernommen hat.
Ultron entkommt und die Spur führt ins afrikanische Wakanda, dem einzigen Land, in dem es Vibranium gibt, das Schwingungs-absorbierende Metal, aus dem Howard Stark seinerzeit Captain Americas Schild geschmiedet hat. Wer Marvels Ankündigungen verfolgt, der weiß, dass der afrikanische Superheld Black Panther, seines Zeichens Staatsoberhaupt Wakandas, auch noch einen Film bekommen wird. Mit einem kurzen Auftritt von Andy Serkis als Waffenhändler Ulyssess „Klaw“ Klaue, in den Comics einer von Black Panthers Hauptgegnern, werden dafür schon die ersten Grundlagen geschaffen.
Klaue versorgt Ultron mit Vibranium, zum dank reißt ihm dieser einen Arm aus, als im Gespräch Tony Stark erwähnt wird, der als „Vater“ des Roboters ein absolutes rotes Tuch für ihn ist. Ich bin mir relativ sicher, dass wir den an Captain Ahab erinnernden Klaue noch einmal wiedersehen werden. Zwischenzeitlich haben sich die Zwillinge Ultron angeschlossen und insbesondere dank Wandas/Scarlet Witchs Gedankenmanipulationsfähigkeiten führen sie das Team ziemlich vor.
Tony hatte in einem ihrer Trugbilder bereits den Tod seiner Freunde gesehen, Thor trifft den allsehenden Heimdall erblindet an und Black Widow erinnert sich an ihre Zeit im Red Room zurück. Wer Agent Carter verfolgt hat, konnte bereits einen Einblick in das Ausbildungsprogramm der russischen Spioninnen erhaschen, dennoch ist es interessant zu sehen, was dort mit Natascha persönlich geschehen ist. Interessanterweise entgeht Hawkeye, der den ersten Film fast komplett unter Lokis Gedankenkontrolle verbrachte, der Manipulation und schafft es sogar, Wanda außer Gefecht zu setzen. Danach kommt es zum Kampf zwischen Hulk und Iron Man, in der eigens für solche Fälle geschaffenen Hulkbuster-Rüstung. Verfolgt von den Gesetzeshütern muss das Team anschließend erst einmal untertauchen.
Das tun sie ausgerechnet bei Hawkeyes Familie, denn Clint Barton hat ein Haus auf dem Land, eine Frau und zwei Kinder. Gerade weil er im ersten Teil fast nie Herr seiner Sinne war, kam der treffsichere Bogenschütze dort viel zu kurz. Dieses Mal lässt ihm der Film viel Raum für die Entwicklung seines Charakters.
Auch Nick Fury taucht noch einmal auf und tut das, was er am Besten kann: Er redet den niedergeschlagenen Avengers ins Gewissen und macht ihnen neuen Mut. Gemeinsam finden sie heraus, dass Ultron plant, sich weiterzuentwickeln und dabei die Hilfe von Biologin Helen Cho braucht, die zuvor bereits kurz auf der Party zu sehen war. Thor hat sich erst einmal verabschiedet, gemeinsam mit Erik Selvig will er dem von Scarlet Witch verursachten Albtraum auf den Grund gehen. Bruce braucht ebenfalls erstmal einen Moment der Einsamkeit. Tony begibt sich zum Internetknotenpunkt in Oslo, während Natascha, Clint und Steve nach Shanghai aufbrechen. Gemeinsam schaffen sie es, Ultron ein Schnippchen zu schlagen und ihm sein „Experiment“ abzuluchsen. Pietro und Wanda stellen sich gegen Ultron, nachdem sie in seinen Gedanken die Wahrheit erkennen, nämlich dass er die Vernichtung der Menschheit plant.
Tony hat in Oslo einen alten Bekannten wiedergetroffen, denn JARVIS „lebt“ eben doch noch und hat Ultron bisher davon abgehalten, beispielsweise Atomraketen zu starten. Er plant, seine KI mit dem von Ultron und Helen Cho erschaffenen Körper zu verbinden, was zum Streit innerhalb des Teams führt. Quicksilver kappt die Stromverbindung, doch Thor kehrt im entscheidenden Moment zurück und versorgt die Maschine per Blitzeinschlag mit der notwendigen Energie, denn er hat gesehen, dass dieses neue Wesen die Menschheit vor dem Untergang bewahren wird.
Vision ist geboren und der Film bestätigt viele Theorien, die Fans schon im Vorfeld aufgestellt hatten. Der Kristall in Lokis Zepter, der bisher in eine blaue Hülle gefasst war, ist der gelbe Gedankenstein, einer der sechs Infinity-Steine, was Thor auch offen ausspricht. Wir sehen auch kurz die drei anderen, die bisher bereits aufgetaucht sind: den blauen Weltallstein aus Captain America und Avengers, den roten Realitätsstein aus Thor: The Dark World und den lila-farbenen Kraftstein aus Guardians of the Galaxy. Wer die Marvel-Filme verfolgt, der sollte inzwischen wissen, über welche Kraft die insgesamt sechs Juwelen verfügen. Einmal mehr zeigt sich, dass in Marvels Cinematic Universe tatsächlich alles miteinander verbunden ist.
Gemeinsam mit den Zwillingen und Vision bereiten sich die Avengers auf den finalen Kampf gegen Ultron vor. Dieser hat zuvor bereits mehrfach von der Auslöschung der Dinosaurier durch einen Meteoriten gesprochen und macht nun Sokovia, die Heimat von Pietro und Wanda sowie der Standort der anfänglichen HYDRA-Basis zu einem künstlichen Kometen, den er dann mit der Erde kollidieren lassen will.
Das können unsere Helden natürlich nicht zulassen, weshalb sie alles tun, um Ultron das Handwerk zu legen. Ich möchte eigentlich gar nicht die Marvel-versus-DC-Kiste aufmachen, aber an dieser Stelle erscheint es mir als angebracht. Man of Steel wurde insbesondere dafür kritisiert, dass Superman als „Retter“ der Menschheit erstaunlich viele Kollateralschäden hinterlässt, letztendlich liegt gegen Ende des Films fast ganz Metropolis, immerhin die größte Stadt der DC-Comics, in Schutt und Asche. Auch in Avengers werden sehr viele Gebäude zerstört. Aber egal ob in Kapstadt, Shanghai oder Sokovia – das Team ist immer darauf bedacht, die Anzahl ziviler Opfer möglichst gering zu halten. Der Film nimmt sich immer die Zeit, zu zeigen, wie die Avengers Passanten aus der Schusslinie nehmen.
Dank Nick Fury hat das Team tatsächlich sogar einen Evakuationsplan, denn er hatte offenbar immer noch einen Helicarrier in seiner Hinterhand. Mit an Bord ist neben Maria Hill übrigens auch der Techniker, der sich in Captain America 2 weigerte, Project Insight zu starten, was ich ein klein wenig gefeiert habe. Offenbar gehört der integre junge Mann zu den wenigen Menschen, denen Fury noch vertraut.
Schon in Teil 1 hatte jeder einzelne Avenger einen Moment, in dem er dem Bösewicht, Loki, eins auf die Mütze geben konnte, auch hier ist das wieder der Fall. Jede Figur kann in einer Szene ihre Überlegenheit über Ultron demonstrieren, auch Fury, der eine der Roboterdrohnen mit einem Metallstück genüsslich durchbohrt. Wieso das signifikant ist? Tja, Cyclops ist in der X-Men-Trilogie der Anführer der Truppe, es kommt jedoch nie zu einem Kräftemessen zwischen ihm und Magneto.
Die Flucht der Zivilisten wird auch von War Machine in einem kurzen Auftritt unterstützt. Als fast alle auf dem Helicarrier in Sicherheit sind, versucht Hawkeye einen kleinen Jungen vor den Schüssen eines Quinjets zu beschützen. Und es sah für mich fast so aus, das sei sein Familienfoto, welches er vor dem Kampf eingesteckt hatte, eines der tödlichen Sorte sein könnte – gewisse Filmklischees riecht man dann ja doch schon 100 Meter gegen den Wind.
Doch Hawkeye überlebt, denn Quicksilver stellt sich in die Schusslinie. Der Nachteil an Marvels übergreifendem Universum ist eben, dass man teilweise jetzt schon weiß, dass Scarlet Witch in Doctor Strange auftreten soll und die meisten der anderen Superhelden, darunter eben auch Hawkeye, Teil des Civil War sein werden. Sein zukünftiger Auftritt hätte allerdings auch eine postume Rückblende sein können, insofern war ich nicht ganz sicher. Ich hatte schon befürchtet, dass es Pietro erwischen würde. Und da er so früh stirbt, hat der Zuschauer leider auch keine echte Chance, ihn näher kennenzulernen. Bei den Zwillingen hat sich der Film dann eben doch deutlich mehr auf Wanda konzentriert.
Aber: Es ist eine Comic-Verfilmung und der Tod hat in Marvels Welt oft doch eher einen kleinen Stachel. Wenn Nick Fury noch ein wenig GH.325 übrig hat, dann könnte Quicksilvers Ableben auch nur ein temporäres sein.
Mit vereinten Kräften besiegen die Avengers Ultron und vereiteln seinen Plan. Es kommt noch zu einer kurzen Konfrontation zwischen Vision und seiner letzten Drohne, die mit Ultrons Zerstörung endet. Wobei ich persönlich mir wünschen würde, dass ein kleiner Teil des Killerroboters überlebt hat, denn ich fand ihn durchaus einschüchternd, aber auch charismatisch. Mitunter hatte er sogar ziemlich gute Sprüche drauf, beim völlig unerwarteten „Ich kann physisch zwar nicht kotzen“ hat der voll besetze Kinosaal vor Lachen gebebt.
Ich empfand Ultron auch nicht als eindimensional. Ja, er möchte die Menschheit auslöschen, aber er will eben auch Veränderung, Fortschritt, Evolution. Tonys „Rüstung für die gesamte Welt“ ist rein zur Sicherung des Status Quo, er will die Welt in ihrem jetzigen Zustand konservieren. Ultron sieht sich selbst als die nächste Stufe und will mit Vision sogar noch einen Schritt weitergehen. Die Menschen hatten ihre Chance, wie bei den Dinosauriern will er mit einem Meteoriteneinschlag die Zukunft erzwingen. Über sich selbst und Vision als Zwischenschritte möchte er in seinem ziemlich deutlichen Pinocchio-Komplex (dank Marvels Eingliederung in den Disney-Konzern darf man sogar die Musik aus dem Zeichentrickfilm benutzen) ein echter, besserer Mensch werden, der dann das Erbe der bisherigen antritt.
Ultron ist impulsiv, er ist ein Kind und hat entsprechende Stimmungsschwankungen. Als er Klaue den Arm abreißt, scheint er gar nicht so genau zu realisieren, was er da gerade getan hat. Es hört sich eher an als hätte er eine Vase runtergeworfen. Die kann man ja wieder kleben, fällt gar nicht auf. Dass er gerade einen Menschen verstümmelt hat, weil er sich über seinen Vater aufgeregt hat, und dies etwas sehr Gravierendes ist, kann er nicht verarbeiten. Er macht Disneys Pinocchio zu seinem Vorbild und ist von Dinosauriern fasziniert – seine kindliche Natur ist überdeutlich.
Ultron glaubt, er alleine habe die Weisheit mit dem goldenen Löffel gegessen und die Erwachsenen seien grundsätzlich im Unrecht. Er vertraut nur den „gleichaltrigen“, jugendlichen Zwillingen, die ebenfalls unter seinem Vater zu leiden hatten, scheint insbesondere Wanda sehr zu schätzen und ist vom „Verrat“ des Geschwisterpaares tief getroffen. Offenbar hat er in Wanda eine Seelenverwandte gesehen, dass sie ihm dann das Herz aus der Brust reißt, ist nicht nur überraschend brutal, sondern auch eine symbolische Darstellung von Ultrons Gefühlswelt.
Ultron rebelliert gegen seinen Vater und macht sich seine „Mutter“ Helen Cho mit Hilfe eines phallischen Objektes, Lokis Zepter, gefügsam, um sich einen Sohn zu erschaffen, der dann aber bei anderen „Eltern“ aufwächst und seinen „Vater“ letztendlich tötet. Wenn Ultron bei der finalen Konfrontation dem offensichtlich viel weiseren Vision dann Naivität vorwirft, ist trieft das nur vor Scheinheiligkeit, da er sich selbst belügt. Vielleicht überinterpretiere ich das gerade ein wenig, aber für mich lässt sich Ultrons Handeln doch recht deutlich auf den Freudschen Ödipuskomplex herunterbrechen.
Am Ende des Filmes trennen sich die Wege der Avengers erneut. Hulk ist verschwunden. Thor kehrt nach Asgard zurück. Tony fährt wieder nach New York. Hawkeye genießt die Zeit bei seiner Familie, nachdem seine Frau gerade einen zweiten Sohn geboren hat. Nur Natascha und Steve (sowie Nick Fury und ein paar Nebencharaktere) sind noch in der neuen Avengers-Akademie verblieben, haben mit War Machine, Falcon, Vision und Scarlet Witch aber auch vier neue Rekruten, die es auszubilden gilt.
Während den Credits sieht man dann den Infinity-Handschuh, der für Sekundenbruchteile im ersten Thor aufgetaucht ist (zur Erinnerung: Loki leitet als Odin verkleidet immer noch die Geschicke von Asgard). Thanos ergreift den Handschuh und sagt, dass er die Dinge dann wohl doch selbst erledigen müsse. Alles, was jetzt an Filmen kommt, läuft letztendlich eben auf den zweiteiligen Infinity War in Avengers 3 hinaus.
Ich persönlich fand den zweiten Avengers deutlich stärker als den ersten. Die Avengers sind ein Team und funktionieren großartig als solches. Obwohl es viele Actionszenen gab und viel auf dem Spiel stand, wurden diese auch durch viele ruhigere Szenen, in denen die Figuren und der Zuschauer Atempausen einlegen konnten, ausgeglichen. Hawkeye, Bruce Banner und Black Widow bekamen endlich Zeit für Charakteretablierung und -entwicklung. Ultron war ein starker, charismatischer Gegenspieler, die Zwillinge und Vision sind interessante Neuzugänge. Die Avengers-Akademie, Wakanda, Hulks Exil und Thanos' Mobilmachung sind gute Handlungsstränge, an denen die kommenden Filme anknüpfen können.
Zum Abschluss möchte ich den großartigen Soundtrack von Brian Tyler und Danny Elfman für sich sprechen lassen:
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