TiRos Blog
Dienstag, 13. Juli 2010
PoliTick: Über Respekt
Am 13. Juli 2010 im Topic 'PoliTick'


"Jugend braucht Freiräume" lautet das Motto von JUZ United e.V., dem Verein saarländischer Jugendzentren in Selbstverwaltung, mit dem gemeinsam nach über zehn Jahren Durststrecke endlich wieder ein Jugendzentrum als Anlaufstelle für die örtlichen Jugendlichen enstanden ist.

Dieses Jugendzentrum ist selbst verwaltet, der Verein Jugendzentrum Göttelborn e.V., dessen Kassenwart ich bin, hat die Verantwortung für das JUZ übernommen. Dies ist eine sehr große Herausforderung - alle Beteiligten sind jedoch gerne bereit, sich ihr zu stellen, denn schließlich sind Herausforderungen dazu da, gemeistert zu werden.

Dem Ganzen gingen mehrere Versuch voraus, das Jugendzentrum, das früher in einem Raum der katholischen Kirche bestand und wegen einer Kleinigkeit geschlossen wurde, wieder aufleben zu lassen. Die katholische Kirche in Göttelborn wäre heute nur noch bereit, ein solches JUZ bis zum Alter von 11 anzubieten. Eine Farce. Wenn man vom Englischen ausgeht, ist man erst mit dreizehn ein Jugendlicher bzw. ein "teenager" - und eben nicht mit 11. Da ist doch eher die Ganztagsbetreuung der Grundschule zuständig.

Auch bei der IKS bestand Interesse, jedoch waren die angebotenen Räume eher suboptimal, darüber hinaus liegt das Grubengelände dann letztendlich doch auch zu weit außerhalb für ein Jugend-Zentrum.

Bislang hielten sich die Jugendlichen deshalb meistens im sogenannten "Konzertwald" auf, da sie sonst keinen Raum für sich hatten. Wenn dann mal etwas Müll rumlag oder Gassigeher sich durch jugendliche Gespräche in ihrer Seelenruhe gestört sahen, war das Geschrei schnell groß. Respekt fordern viele ältere Menschen, einige sind jedoch nur selten oder gar nicht dazu bereit, auch jugendlichen Menschen den nötigen und gebührenden Respekt zuzugestehen.

Respekt- und Verantwortungslosigkeit sind dementsprechend zwei Dinge, die von (vermeintlich) Erwachsenen Kindern und Jugendlichen immer schnell vorgeworfen werden. Doch man sollte auch vor der eigenen Haustür kehren... oder den Balken im eigenen Auge bemerken.

Vor ein paar Jahren lief der damalige (und inzwischen zum Glück abgewählte) Göttelborner Ortsvorsteher im Ort herum und verbreitete das Gerücht, er hätte zwei gewisse junge Mädels beim Kiffen in der Grundschule beobachtet - dumm nur, dass die beiden zu genau diesem Zeitpunkt an einer Juso-Sitzung in Fischbach teilnahmen. Als vermeintliche "Respektsperson" Respekt verlangen und gleichzeitig respektlose Lügen verbreiten - wie geht das zusammen?

Von einer Genossin aus meinem SPD-Ortsverein bekam ich schon mehrfach zu hören, wir Jusos müssten doch (auf dem Dorffest) mehr für die Alten machen. Da frage ich mich: Warum? Wir als Jusos sind die Jugendorganisation der SPD in Göttelborn und vertreten deshalb auch genau diese Interessen - für die der "Alten" ist die AG 60Plus zuständig. Die Interessen der Jugendlichen kennen wir als junge Menschen natürlich, wir würden uns jedoch nie anmaßen, die der "Alten" zu kennen. Darüber hinaus: Wie sollen wir auf dem Dorffest überhaupt großartig etwas für die Alten machen, die es naturgemäß sowieso schon zum Kaffee und Kuchen beim Karnevalsverein zieht? Wir möchten das auch gar nicht, sondern richten usnere Cocktails lieber an unser Stammpublikum, die junge Generation. Im Übrigen scheint mir das Ganze auch etwas mit dem Verschieben des Problems zu tun zu haben. Wenn SPDler die Verantwortung für die ältere Generation an die Jusos abschieben, dann stimmt etwas nicht. Das ist dann respektlos sowohl uns als auch der älteren Generation gegenüber.

Ein weiteres Phänomen, das für mich mit Respekt zusammenhängt, macht mich immer wieder stutzig. Ich habe schon immer hier im Ort alle Menschen mit einem "Guten Tag" gegrüßt, ob ich sie nun kannte oder nicht. Gerade bei älteren Menschen ist es mir jedoch schon mehrfach passiert, dass keine Erwiderung kam, sondern dass ich geradezu ignoriert wurde. Ich bin ein Mensch, der sehr höflich ist. Ich grüße deshalb z.B. auch stets alle Busfahrer, da ich der Meinung bin, dass sie sich diese Anerkennung für die Ausübung ihres nicht immer leichten und sehr verantwortungsvollen Berufes verdient haben.

Ich finde es von diesen älteren Herr- und Damenschaften mehr als respektlos und unhöflich, dass sie meinen Gruß einfach so bewusst ignorieren. Und ich habe so die Vermutung, dass genau diese Leute sich, ihrer selektiven Wahrnehmung entsprechend, bei anderen über die ach-so-bitterböse "Jugend von heute" beschweren. Sei's drum...

Es freut mich, dass die Jugendlichen Göttelborns jetzt endlich einen Ort für sich haben, an dem sie sich frei entfalten und ihren Interessen nachgehen können. Dieser Ort steht auch Interessierten aus der älteren Generation gerne offen und hier können sie sich auch davon überzeugen, dass man die Jugendlichen gar nicht alle über den Kamm der Respektlosigkeit scheren kann.

Im Übrigen ist für das JUZ auch eine Zusammenarbeit mit dem Pensionärsverein Göttelborn im Rahmen einer "Hausarbeitenbörse" geplant. Die älteren Menschen können Arbeiten, die sie nicht mehr erledigen können, aufschreiben und jemand von den JUZ-Jugendlichen führt sie dann (vlt. gegen ein kleines Taschengeld) durch. So gewinnen mit Sicherheit beide Seiten (mehr) Respekt vor einander.

Fazit: Respekt muss man nicht nur für sich selbst einfordern, sondern man muss auch respektvoll gegenüber anderen sein. Jemandem aufgrund seines Alters keinen Respekt zu zollen, ist auch eine Form der Diskriminierung - das sollte man sich vlt. mal bewusst machen, bevor man sich über die Respektlosigkeit der Jugendlichen beklagt, die einem im Eulenspiegel die eigene Respektlosigkeit vor Augen führt.

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