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GlotzGedanken: GameOne und die deutsche Fernsehlandschaft
Am 30. April 2011
Nach der Lektüre eines Beitrags mit dem Titel Game One for president habe ich mich entschieden, auch mal meinen Senf zum Thema GameOne beizusteuern.
Ich sehe nur noch selten fern, da es sich, meiner Meinung nach, inzwischen einfach nicht mehr lohnt. Mittags kann man das TV-Programm komplett vergessen. Wenn, wie Karl Marx meint, Religion Opium für's Volk ist, was sind dann Gerichtsshows und Scripted-Reality-Formate? Kaum zu ertragender Müll, der so komplett niveaulos ist, dass er noch nicht einmal Fremdscham-Gefühle auslösen kann. Falls der Fernseher bei mir mal läuft, macht meistens ProSieben das Rennen. Ich mag taff, insbesondere dank der twitternden und unglaublich sympathischen Nela Panghy-Lee. Galileo ist immer etwas reißerisch, aber doch informativ. Die Simpsons liebe ich sowieso. Danach hört's dann schon fast wieder auf. Ich kann mir inzwischen keine Serien mehr anschauen. Ich habe nicht die Lust und aufgrund von Terminen auch nicht immer die Zeit, mich zu einer bestimmten Sendezeit vor die Mattscheibe zu hocken. Und YouTube ist dann meistens auch interessanter als irgendwelche Mediatheken. Höchstens ein guter Film bringt mich noch zum Einschalten.
Wenn Internet, Bücher, Videospiele und das Fernsehen um meine Aufmerksamkeit ringen, dann bleibt letztgenanntes Medium in diesem Kampf bei mir am Ehesten auf der Strecke.
Meine absolute Lieblingssendung im deutschen Fernsehen ist und bleibt GameOne. Wenn ich an GameOne denke, denke ich sofort auch an Spaß. An den Spaß, den es macht, sich die Sendung anzusehen. Man merkt einfach, dass die Produktion der Sendung allen Beteiligten Spaß macht. Ob es die beiden Moderatoren Daniel "Budi" Budiman oder Simon Krätschmer sind oder das vielköpfige Redaktionsteam, das oft genug in Statistenrollen schlüpfen muss/darf. GameOne ist eine Sendung, bei der die Macher vor Leidenschaft nur so brennen. Leidenschaft für das Medium Videospiel, aber auch die Leidenschaft, eine unterhaltsame und informative Sendung zu gestalten. Das kommt auch bei den Zuschauern an.
Da ich mich sehr für das Medium Videospiele und dessen Potential interessiere, freut es mich besonders, dass es eine Sendung wie GameOne im deutschen Fernsehen gibt. Zu oft wird bei der Berichterstattung über Videospiele verkürzt oder sogar bewusst falsch berichtet, um Spiele und Spieler in einem schlechten Licht darstehen zu lassen - "Killerspiele" sind ein Teufelswerk, alle Gamer süchtig und potentielle Amokläufer. Insbesondere Sat1 mit der "Akte" und die ARD mit "frontal21" tun sich hier äußerst negativ hervor. Ich finde es wirklich unter aller Sau, dass eine öffentlich-rechtliche Sendeanstalt wie die ARD Gebühren hinauswirft, um bewusst Lügen zu verbreiten.
Da lobe ich mir die bei GameOne geführte Diskussion über die Flughafen-Mission in Call of Duty: Modern Warfare. Hier diskutieren Leute über Gewalt in Videospielen, die wirklich Ahnung von diesem Medium haben und nicht nur so tun.
Ebenfalls bewundernswert finde ich die enorme Kreativität, die gepaart mit schauspielerischem Talent zu grandiosen Parodien führt. Die 151. Folge zum 25-jährigen Super-Mario-Jubiläum, in der gleichzeitig auch noch die Geschichte deutscher Videospielsendungen auf's Korn genommen wird, ist auf einem ähnlich hohen Niveau wie SwitchReloaded, wenn nicht besser. Auch die Beiträge zu neuen und älteren, "ausgegrabenen" Spielen werden immer kreativ und meistens auch parodistisch präsentiert.
Darüber hinaus funktioniert bei GameOne die Vernetzung zwischen Fernsehen und Internet. Das mag mitunter notgedrungen sein, da die Sendung (leider) nur 15 Minuten lang ist und einfach nicht alles hineinpasst, liegt aber auch daran, dass die GameOne-Macher "digital natives" sind - junge Menschen, die mit digitalen Medien wie Videospielen und Internet aufgewachsen sind. Da ist die Sendung, obwohl diese wirklich genial ist, letztendlich "nur" das Aushängeschild für ein viel größeres Format. Auf www.GameOne.de gibt es dann natürlich alle bisherigen GameOne-Folgen, aber auch andere Beiträge, beispielsweise "1 Stunde mit...", die etwas andere Spiele-Review, meistens moderiert von Wolf Speer. Dann gibt es Wolf und Eddy versus, in dem sich die beiden durch alte und neue Koop-Spiele zocken. Darüber hinaus gibt es im Zwei-Wochen-Takt Podcasts zu verschiedenen Videospielthemen aber auch zu Filmen. Gerade die Podcasts beziehungsweise "Plauschangriffe" liebe ich wirklich und höre mir auch die älteren Folgen immer wieder gerne an. Alles in allem gibt es auf der Webseite fast jeden Tag etwas Neues zu entdecken und man merkt einfach immer und bei Allem, dass in der Redaktion Leute arbeiten, die mit Spaß und Interesse bei der Sache sind.
Generell wirkt GameOne schlichtweg echt. Man traut sich bei GameOne was und zieht das dann einfach durch. Das fehlt heute in der deutschen Fernsehlandschaft, ansonsten darf letztendlich höchstens ein Stefan Raab, den die GameOne-Macher gerne als Vorbild nennen, sein Ding durchziehen und macht dann aus einer verlorenen Wetten-Dass-Wette eine "Sport"-Show. Simon und Budi bezeichnen den Inhalt der eigenen Sendung als "Spiele, Hauen und Pappe" - genau das macht aber auch den Charme aus. GameOne ist eine Sendung mit Ecken und Kanten, keines der glattgebügelten und immer gleichen Allerweltsformate, die sonst rauf- und runterlaufen.
Bisher größter Erfolg war die diesjährige Grimme-Nominierung, bei der Preisverleihung ging GameOne dann leider leer aus. Allerdings haben sich dieses Jahr die öffentlich-rechtlichen die Preise mehr oder weniger gegenseitig zugeschoben. Ein Kurt Krömer hat den Preis definitiv verdient, aber warum ein allerhöchstens mittelmäßiger Film wie "Neue Vahr Süd" einen Grimme-Preis bekommen hat, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Aber GameOne braucht keinen Grimme-Preis, um eine gute Sendung zu sein. Da reichen Pappe und Hauen, um weiterhin besser zu sein als 95 % des restlichen Fernsehprogramms. Meine Lobeshymne auf GameOne ist jetzt stellenweise zu einer Abrechnung mit der deutschen Fernsehlandschaft geworden, aber man kann letztendlich nur erklären, wie toll GameOne ist, wenn man auch darstellt, wie grottenschlecht die meisten anderen derzeitigen TV-Formate sind. Wer GameOne noch nicht kennt, der sollte ruhig mal reinschalten oder sich die Webseite anschauen. Selbst wenn man kein kompletter Videospielnerd ist, ist die Sendung in jedem Fall informativ und vor allen Dingen immer wieder sehr unterhaltsam.
Abschließend möchte ich die 65. Folge von FernsehkritikTV, in der Holger Kreymeier Budi, Simon und Nils von GameOne zu Gast hat, sowie ein Interview mit Simon empfehlen. Es ist interessant, mal zu hören, was Fernsehschaffende selbst über das Fernsehen und gewisse Formate denken.
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